Wie die Ursulinen die Advents- und Weihnachtszeit feiern

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Die meisten Menschen feiern Weihnachten im Kreis ihrer Familie, mit Christbaum, Festessen und Geschenken. Aber wie gestalten Menschen im Kloster die Advents- und Weihnachtszeit? Schwester Katharina Merz, Oberin des Ursulinenklosters Würzburg, erzählt im POW-Interview von den Traditionen im Ursulinenkloster, in dem derzeit acht Schwestern leben.

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Wie bereiten sich die Schwestern im Ursulinenkloster auf das Weihnachtsfest vor?

Schwester Katharina Merz: Es ist für unsere Gemeinschaft sehr wichtig, den Advent richtig zu leben. Wir legen zum Beispiel viel Wert darauf, dass sich der adventliche Schmuck deutlich vom weihnachtlichen Schmuck unterscheidet. So sind im Advent in den Gestecken oder Zweigen nur Zapfen und eventuell violette Bänder. Wir lieben die adventlichen Lieder, die auf Weihnachten vorbereiten. Sie sprechen so deutlich von Sehnsucht, Erwartung und Hoffnung. Dass es jemanden gibt, nach dem man Ausschau hält und der uns in unserem Leben eine Stütze ist. Wenn ich ehrlich bin, mag ich die Adventszeit lieber als die Weihnachtszeit.

Wie gestalten Sie den Heiligen Abend?

Merz: Am Heiligen Abend feiern wir um 17 Uhr Vesper. Ich halte eine kleine Ansprache und sage ein paar Worte zu Weihnachten. Danach gehen wir zum Essen in unseren Speisesaal. Unser Küchenteam bereitet das Essen so vor, dass nur noch aufgewärmt werden muss. Nach dem Essen machen wir eine kleine Bescherung. Dann feiern wir die Christmette, zu der auch die Franziskaner kommen. Am Ende der Christmette werden die Lichter ausgemacht und wir singen „Stille Nacht“. Eine Schwester spielt Tenorflöte, und am Schluss ist ganz allein der wunderbare Klang der Tenorflöte zu hören. Dann ist erst einmal alles still. Das liebe ich! Am ersten Weihnachtsfeiertag sitzen wir dann beim Nachmittagskaffee gemütlich zusammen. Weihnachten ist ein Fest der Begegnung und der Gemeinschaft. Es heißt ja: „Gott kommt in unsere Mitte.“ Wie sollte er in unsere Mitte kommen, wenn wir uns nicht zusammensetzen? Vor 30 Jahren haben wir auch damit angefangen, Menschen zu Weihnachten einzuladen. Oft ehemalige Schülerinnen, die sich an uns gebunden gefühlt haben. Im vergangenen Jahr waren es zwei Damen, die sonst an Weihnachten allein gewesen wären. Wenn wir Gäste haben, dann feiern sie den Heiligen Abend so mit, wie wir ihn gestalten, und das ist eigentlich auch ganz schön.

Gibt es auch Weihnachtsplätzchen?

Merz: Das Küchenteam backt Plätzchen. Die ersten Plätzchen gibt es immer zu meinem Namenstag am 25. November, an Katharina. Da bekomme ich einen Teller mit Plätzchen, damit ich mal gucken kann (lacht). Besonders gerne mag ich unsere Vanillehörnchen. Und ich gebe den Schwestern etwas ab, das ist ganz klar. Aber dann gibt es erst wieder Plätzchen an Weihnachten.

Was ist für Sie das Wichtigste an Weihnachten?

Merz: Ich brauche die stille Zeit, damit ich dem Geheimnis nachspüren kann. In welcher Religion gibt es das, dass Gott sich als kleines Kind in die Wiege legen lässt und Mensch wird? Uns quasi ein Vorbild gibt, wie Menschsein gelingen kann? Ich finde das total faszinierend. Das ist ein ganz großes Geheimnis, für das man sich auch Zeit nehmen sollte. Es ist gar nicht schlecht, wenn nach der Christmette nicht mehr viel passiert. Dann hört man das Läuten des Doms, und das ist einfach eine schöne Stimmung. Von der Stille in die Gemeinschaft und von der Gemeinschaft in die Stille – das gehört zu Weihnachten. Die Stille hat eine große Bedeutung. Nur wenn ich in die Stille gehe, ordnen sich die Dinge wieder.

Ich mag auch den Weihnachtsmarkt mit Glühwein und gebrannten Mandeln, und ich feiere gerne. Das gehört alles dazu: Die Freude mit den Menschen zu teilen, aber auch zu wissen, wo der Grund meiner Freude ist. Gott will, dass die Menschen erfüllt sind, dass sie ihren Weg finden. Das ist deine Berufung im Leben, und wenn ich das im Kloster finde, dann ist das so. Manchmal ist das nicht so einfach. Man hat ja zum Beispiel Armut gelobt, aber manchmal gibt es auch Tage, an denen man denkt, das kannst du dir nicht leisten. Aber wenn ich dann wieder gucke, was in meinem Leben das Wesentliche ist, dann kann ich das neidlos zulassen. Es ist wichtig und richtig, dass man sich Fragen stellt.

Gibt es auch eine Bescherung?

Merz: Wir haben ein kleines Kästchen im Speisesaal, in dem die Wünsche an das Christkind gesammelt werden. Man wünscht sich kleine Artikel, die man gebrauchen kann oder sich normalerweise nicht kaufen würde. Die Geschenke werden von einer Schwester organisiert und verpackt. Dann sitzen wir in unserem Gemeinschaftszimmer. Jede hat ihren Platz und die Geschenke sind aufgebaut. Es sind kleine Sachen, aber es macht total viel Freude. Die eigentliche Freude an Weihnachten ist, dass wir beschenkt sind. Ich weiß, dass es Gemeinschaften gibt, die keine Bescherung machen. Aber der Sinn, dass Gott uns so reich beschenkt, darf auch in kleinen Geschenken zum Ausdruck kommen.

Am 28. Dezember feiern wir dann noch das „Fest der Unschuldigen Kinder“. Wenn jemand etwas zu Weihnachten bekommen hat, was er gar nicht gebrauchen kann, wird das in einem Korb gesammelt und wieder verpackt. Wir machen Rätselspiele, jede Schwester bekommt ein Überraschungspäckchen, und dann fängt ein großes Tauschgeschäft an. Das ist fast noch lustiger. In manchen Klöstern gab es früher die Tradition, dass die Jüngste an diesem Tag die Oberin sein durfte. Ich habe das einmal als Jugendliche erlebt. Da hat die jüngste Schwester gesagt: „Ich war jetzt mal die Oberin am Tag der Unschuldigen Kinder, und da bin ich in die Stadt gefahren und habe einen Plattenspieler gekauft.“ (lacht) Ich fand das ganz goldig.

Wann sehen die Schwestern an Weihnachten ihre Familien?

Merz: Am zweiten Weihnachtsfeiertag fahren wir zu unseren Familien. Meine Familie legt großen Wert darauf, dass ich komme – oder sie kommen zu mir. Mittlerweile haben wir unser Refektorium geöffnet, damit Familienangehörige und auch Besuch kommen können. Das Refektorium soll für ein paar Stunden ein Ort der Begegnung sein.

Wie unterscheiden sich Weihnachten im Kloster und Weihnachten in der Familie?

Merz: Im Kloster ist es einfach anders. Wir legen andere Schwerpunkte. Wenn man sich in der Welt umschaut, ist es ein wenig schwierig, „Gloria, Gloria“ zu singen. Auf der anderen Seite möchte ich jubilieren, dass Gott Mensch geworden ist. Er ist vor 2000 Jahren in eine desolate Welt gekommen, in der Grausamkeiten herrschten. Wenn Gott als Mensch in dieses Durcheinander gekommen ist, dann möchte ich auch gern als Mensch in das heutige Durcheinander hineingehen. Dann möchte ich an der Stelle, wo ich bin, die Nachfolge leben. „What would Jesus do?“ Wenn wir still werden und hinhören, dann kann man so ein bisschen ein göttliches Herzpochen hören. Das ist für mich das Wichtigste an Weihnachten. Wenn der Advent so kommerzialisiert und hektisch bleibt, dann hat er seinen Sinn verfehlt.

Welche Tipps kann man aus dem Kloster für die Weihnachtszeit geben?

Merz: Man sollte Weihnachten als Fest der Familie feiern. Sich Zeit füreinander nehmen, sich aneinander freuen, auch an den Geschenken. Es kann hilfreich sein, die Weihnachtsgeschichte zu lesen oder einen christlichen Impuls zu geben: Warum beschenken wir uns eigentlich? Warum ist es so wichtig dass wir hier zusammensitzen an diesem Fest? Ich finde es schon wichtig, den Grund des Festes immer wieder zu beleuchten – ohne jemanden in die Kirche zu treiben.

Als Kind empfindet man Weihnachten ganz anders. Das ist ein viel größeres Geheimnis, wenn man ans Christkind glauben kann. Als Kind in einer Familie geborgen zu sein, das ist eine ganz wichtige Voraussetzung für Weihnachten. Auch Jesus hat Geborgenheit gebraucht. Ich wünsche jedem Kind, dass es an Weihnachten spürt, total geborgen und geliebt zu sein. Das ist die weihnachtliche Botschaft: dass man sich als Gemeinschaft an Weihnachten geborgen fühlt wie eine Familie. Das gilt auch für die Menschen, die an Weihnachten zu uns kommen. Wir geben uns Mühe, dass der Heiligabend ein schöner, ein warmer Abend ist, und uns auch ums Herz warm wird.

Interview: Katrin Henn (POW)

Foto: Schwester Katharina Merz ist 1982 dem Kloster beigetreten. Foto: © Katrin Henn


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