Insta-Talk mit Bischof Jung und Tropenmediziner Professor Dr. August Stich

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„Es ist ein Grundproblem unserer Zeit, dass wir Gesundheitsarbeit so betreiben, als würden wir eine Ware verkaufen. Der Zugang zu adäquater Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht, und das müssen wir allen ermöglichen.“ Das hat Professor Dr. August Stich, Chefarzt der Tropenmedizin am Klinikum Würzburg Mitte, im Insta-Talk mit Bischof Dr. Franz Jung am Dienstagabend, 20. Dezember, betont.

Auf dem Social-Media-Kanal Instagram @bistumwuerzburg tauschten sich der Bischof und der Tropenmediziner über eine Vielzahl von Themen aus – von der Coronapandemie bis zur Flüchtlingskrise. Er erlebe den „enormen Druck“, der aufgrund der Coronapandemie auf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Klinken laste, sagte Stich. Das liege unter anderem an den schweren Krankheitsfällen, vor allem bei ungeimpften Menschen, die auf den Intensivstationen behandelt werden. Doch der Fachkräftemangel habe schon Jahre vorher begonnen. Das liege nicht nur an der Bezahlung, sondern auch an fehlender Wertschätzung und den Arbeitsbedingungen. „Man hat Kliniken umgewandelt in Gesundheitsunternehmen, die nach betriebswirtschaftlichen Kriterien geführt werden müssen. Wir brauchen eine Umkehr.“ Noch kurz vor der Pandemie seien Krankenhäuser beispielsweise dafür bestraft worden, wenn sie leere Betten vorgehalten hätten.

Es sei ein Luxus, dass man sich in Deutschland Gedanken über Booster-Impfungen machen könne, gab der Tropenmediziner zu bedenken: „Wenn wir den Kongo anschauen, dann sind weniger als ein Prozent der Menschen geimpft, und die meisten haben nicht die Chance, in naher Zukunft Zugang zu irgendeinen Impfstoff zu bekommen.“ Doch eine weltweite Pandemie könne man nur dann in den Griff bekommen, wenn man global denke, nicht, indem man sich abschotte. „Wenn wir uns nicht auch um die Menschen im Ostkongo kümmern, werden sich dort immer wieder neue Virusmutanten bilden.“ Er verstehe nicht, warum man an den Patenten für Impfstoffe festhalte, die ein „lebensrettendes Gut“ seien.

Auch geflüchtete Menschen hätten ein Grundrecht auf gesundheitliche Versorgung, stellte Bischof Jung fest. Nach Aussage von Stich gebe es weit mehr als 80 Millionen Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten. „Wir erleben hier viele, die durch schwerste Traumatisierungen gegangen sind“, sagte er. Es sei eine humanitäre Verpflichtung, dieses Leid zu lindern.

Man könne aus der Coronapandemie auch positive Erkenntnisse ziehen, waren sich Bischof Jung und Stich einig. Sie werfe den Menschen auf die Frage zurück, was er wirklich brauche, um glücklich zu sein. Stich erklärte, er ziehe Kraft aus der Erkenntnis: „Durch meine eigene Arbeit, meine eigene Leistung, kann ich auch einen positiven Beitrag leisten für mich und andere zur Überwindung der Pandemie.“ Er sah darin ein „Bewährungsfeld“, um Werte wie Nächstenliebe und Solidarität anzuwenden.

Zum Abschluss des Gesprächs appellierte Stich nochmals an alle, sich impfen zu lassen – als Schutz für sich selbst und zugleich für die Gemeinschaft. Bischof Jung sprach seinen Dank aus: „Herzlichen Dank für Ihr Engagement, Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Team für ihren Einsatz, auch jetzt in diesen Tagen über Weihnachten.“

Das komplette, rund 20-minütige Gespräch kann im Internet auf dem YouTube-Kanal des Bistums Würzburg (https://www.youtube.com/watch?v=ZQjfWbqXN0c) angesehen werden.


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