Im Frühjahr beherrschte die Corona-Pandemie noch die Schlagzeilen, ab Februar über das gesamte Jahr der Ukraine-Krieg mit all seinen Konsequenzen. Im Herbst dann zeigten die immens gestiegenen Energiepreise ihre Auswirkung auf Wirtschaft und Politik. Auch im Handwerk nahmen all die beschriebenen Begebenheiten Einfluss. Dennoch gilt für 2022: Handwerk beweist seine wirtschaftliche Stärke auch in Krisenzeiten. 86,4 % der unterfränkischen Handwerksbetriebe bewerten über alle vier Quartale hinweg ihre eigene konjunkturelle Lage als „gut“ oder „befriedigend“, was einem Anstieg von einem Prozentpunkt im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Nach wie vor bestimmen die Betriebe des Bau- und Ausbaugewerbes die guten wirtschaftlichen Daten. „Das Wirtschaftsjahr 2022 ist im unterfränkischen Handwerk heterogen aufgenommen worden. Einige Unternehmen sind durch die immens gestiegenen Energiepreise in Schieflage geraten, manche mussten sogar aufgeben. In Gänze jedoch zeigt das Handwerk das, was es in Krisenzeiten immer auszeichnet: seine Stärke und Stabilität“, sagt Michael Bissert, Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken. Was belegt diese Stärke? Die konjunkturelle Lage über das gesamte Jahr 2022 hinweg. So beurteilen 86,4 % aller unterfränkischer Handwerksunternehmen die Geschäftslage im Jahresschnitt mit „gut“ oder „befriedigend“. Nahezu 46 % sagen, sie sei „gut“. Eine Kapazitätsauslastung von 80,2 % (Vorjahr: 78 %) und eine durchschnittliche Auftragsreichweite von 13,6 Wochen (Vorjahr: 13 Wochen) untermauern die Einschätzungen. „Wie in den vergangenen wirtschaftlichen Krisen auch kann sich das Handwerk auf den Binnenmarkt verlassen, als Nahversorger und Dienstleister des täglichen Bedarfs. Hier liegt eindeutig seine Stärke“, erklärt Michael Bissert. Und das in allen drei unterfränkischen Regionen ohne nennenswerte Unterschiede. In den schwierigen Zeiten 2022 konnte die Handwerkskammer gemeinsam mit der gesamten bundesdeutschen Handwerksorganisation Erfolge für die Betriebe verbuchen. Michael Bissert: „Während Corona haben wir für das Überleben unserer Betriebe gekämpft. Wenn wir als Handwerksorganisation nicht ganz klar und einstimmig der Politik die Augen geöffnet hätten, wäre der Schaden in unserem Wirtschaftsbereich noch weitaus höher ausgefallen. Bei der Gas- und Strompreisbremse haben wir ebenso darauf gedrängt, die kleinen und mittleren Betriebe nicht zu vergessen. Auch das haben wir geschafft.“

Höhere Preise bei Produkten und Dienstleistungen: Mit Blick auf verschiedene Preisentwicklungen musste auch das Handwerk reagieren. Die Folgen von Einschränkungen während der Corona-Pandemie und sich daraus ergebenden Anpassungen, blockierte Lieferketten und immens gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen aufgrund des Ukraine-Kriegs waren ursächlich dafür verantwortlich, dass 83,9 % der Betriebe über gestiegene Einkaufspreise berichten. Und 56,8 % haben diese Entwicklung auch weitergegeben, indem sie die Verkaufspreise angehoben haben. Michael Bissert: „Preissteigerungen waren für das Handwerk unvermeidlich und dienten nicht vornehmlich der Gewinnsteigerung, sondern sind Ausgleich für die gestiegenen Einkaufspreise. Wird das Preisniveau im Einkauf auch 2023 weiter steigen, werden sich auch die handwerklichen Produkte und Dienstleistungen weiter verteuern müssen.“

Gewerbevergleich: Die Betriebe des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes waren auch im Jahr 2022 die stärksten Wirtschaftsbereiche der Handwerkskonjunktur. Im Bauhauptgewerbe zeigen sich durchschnittlich 90,6 % der Unternehmen mit der konjunkturellen Lage im vergangenen Jahr zufrieden. Im Ausbaugewerbe waren es 92,7 %. Für das Jahr 2023 jedoch haben die beiden Bereiche große Bedenken: 35,8 % der Betriebe des Bau- und 26,2 % des Ausbaugewerbes gehen von einer Verschlechterung der Geschäftslage aus. „Bauen ist teuer geworden. Sowohl private Bauherren als auch die öffentliche Hand sind plötzlich zurückhaltend bei der Auftragserteilung“, so Michael Bissert. Im Nahrungsmittelhandwerk geben für das Jahr 2022 83 % der Betriebe an, mit der eigenen Geschäftslage zufrieden zu sein. „Das Advents- und Weihnachtsgeschäft unserer Nahrungsmittelbetriebe ohne Corona-Auflagen war gut, auch haben auf den Konjunkturwert im vierten Quartal die Energiekosten noch nicht durchgeschlagen“, weiß Michael Bissert. Aber schon für das erste Quartal 2023 trübt sich die Stimmung eklatant ein: 52,2 % rechnen mit einer verschlechterten Geschäftslage. Bei den Unternehmen im Bereich der persönlichen Dienstleistungen, zu denen viele Gewerke gehören, die sehr stark an den Corona-Auflagen zu Beginn des Jahres 2022 zu leiden hatten, ist im Jahresdurchschnitt eine deutliche Verbesserung zum Jahr 2021 festzustellen. 77,7 % waren mit der Geschäftslage 2022 zufrieden, 2021 waren es lediglich 59,9 %, das entspricht einer Steigerung von 17,8 Prozentpunkten.

Skepsis prägt die Aussichten auf das Jahr 2023: Obwohl sich das Handwerk stark im Krisenjahr 2022 behauptet hat, hat es Auswirkungen auf die Prognose für das Jahr 2023. Fast ein Drittel aller Betriebe geht davon aus, dass sich die Geschäftslage bereits im ersten Quartal 2023 verschlechtern wird. Nur sehr geringe 4,7 % gehen von einer Verbesserung aus. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein deutlicher Rückgang des wirtschaftlichen Optimismus. Handwerkskammer-Präsident Michael Bissert: „Dass die Unruhe, die vielen Herausforderungen, die 2022 zu bewältigen waren, auf die Stimmung schlagen, ist verständlich. Wenn wir es als Land schaffen, wirtschaftlich wieder in ruhigere, verlässliche Zeiten zu steuern, wird auch der Optimismus im Handwerk wiederkehren. Eine verlässliche Prognose für 2023 ist schwierig aber ich bin sehr zuversichtlich: Das Handwerk wird sich wirtschaftlich auch 2023 behaupten.“

Die Betriebe des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes waren auch im Jahr 2022 die stärksten Wirtschaftsbereiche der Handwerkskonjunktur.

Foto: amh-online.de/Falk Heller


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